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22 - Lütticher Straße, Grenze

Grenze

Die Verfolgung politisch Andersdenkender und jüdischer Staatsbürger sowie aus ethnisch oder sozialen Gründen Verfolgter führte zu zahlreichen Flucht und Schmuggelaktivitäten an den Grenzen des Deutschen Reichs. Aachen als Grenzstadt und damit verbunden die grüne Grenze nach Belgien und den Niederlanden rückten in den Fokus für viele Menschen, die Deutschland nach 1933 verlassen mussten. Auch diente das nahe belgische und niederländische Ausland den Sozialdemokraten, Kommunisten und Gewerkschaftlern gerade in den Jahren bis 1940 als Basis für ihre Untergrundarbeit gegen das Regime im Inland.

Im Vergleich zu heute wurden damals die Grenzen wesentlich massiver kontrolliert. Kein Durchlass war ohne gültige Reisepapiere möglich. Scharfe Zollgesetze regelten den Devisen- und Warenverkehr. Die Grenzen trennten die Menschen und Kulturen. Warenschmuggel und illegaler Grenzverkehr waren seit vielen Jahren in Aachen ein bekanntes Phänomen. Die Untergrundorganisationen der verfolgten politischen Gruppierungen, Parteien und Gewerkschaften schmuggelten unmittelbar nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten Informationsmaterial (bspw. die im Ausland gedruckte Parteizeitung der SPD („Vorwärts“) nach Deutschland. Sie brachten mit ortskundigen Genossen verfolgte Genossen ins zunächst sichere Ausland. Die Flucht der politisch Verfolgten fand insbesondere in den Jahren 1933 – 1935 statt und wurde von der breiten Bevölkerung noch wenig bemerkt.

Je mehr sich die Terrorherrschaft etablierte und je deutlicher die Repressalien gegen die verfolgten Bevölkerungsgruppen wurden, desto schwieriger wurde der Schmuggel. Der Andrang insbesondere jüdischer Menschen, die Deutschland via Aachen Richtung Westen zu verlassen suchten, wuchs stetig. Ziel waren die jüdischen Zentren Belgiens und der Niederlande, Brüssel, Antwerpen und Amsterdam. Die Grenzkontrollen wurden verschärft, um insbesondere den illegalen „Abfluss“ von Devisen und mitgenommenen Wertsachen zu verhindern. Die Rassengesetze von 1935 legten fest, dass Juden, die noch mit legalen Papieren Deutschland verlassen wollten, maximal 10 RM auf ihrem Weg mitnehmen durften. Nach dem Novemberpogrom 1938 bis zum Kriegsbeginn im Westen am 10. Mai 1940 suchten tausende Menschen aus dem ganzen Reich und Österreich den Weg über die Grenzen nach Belgien und den Niederlanden. Sie erfuhren teils uneigennützige Hilfe von ortskundigen Grenzländern, teils wurden sie von Schmugglern, die nun den Menschenschmuggel als lukratives Geschäft entdeckt hatten, über oder bis an die Grenze gebracht. Im Wald an der grünen Grenze spielten sich zahlreiche menschliche Tragödien ab. Die Flüchtenden wurden von deutschen Grenzbeamten und SS-Kontrollen aufgestöbert. Sie wurden ausgeraubt und dann mittellos entweder nach Belgien geschickt oder verhaftet zur Rückkehr ins Reich gezwungen. Willkür und aktueller politischer Druck des Auslands waren jeweils die ausschlaggebenden Motive, in welche Richtung die Flüchtlinge verbracht wurden. Wer nach Belgien geschickt wurde, war noch nicht im anderen Land angekommen. Denn auch auf belgischer Seite wurde streng kontrolliert. Die Diskussion in der Öffentlichkeit und die politische Bewertung in Belgien und den Niederlanden schwankte zwischen hoher Solidarität mit den Verfolgten, Opportunität und Zustimmung für die nationalsozialistischen Ziele. Damit war für viele Flüchtlinge der erste Kontakt mit belgischen Grenzgendarmen und mit der Bevölkerung ein Vabanquespiel. Offiziell hatte Belgien eine 15 km breite Sperrzone eingerichtet, hinter der angelangt sollte kein Flüchtlinge mehr nach Deutschland ausgewiesen werden. Je nach persönlicher Haltung der Gendarmen und der Bevölkerung unterstützten sie die Menschen, über diese Zone hinaus Richtung Brüssel zu gelangen, oder sie wiesen den Weg wieder Richtung Osten zurück an die grüne Grenze.

Zahlreiche zeitgenössische Berichte in der Eupener Tageszeitung „Das Grenzecho“ geben Zeugnis ab von den teils grausamen Geschehen an der Grenze. Nach 1940 verlagerte sich die Grenze nach Westen. Der Flüchtlingsstrom nimmt ab. Nun suchen vermehrt Kriegsgefangene und Deserteure den Weg durch den Grenzwald.

Auswahl einiger Artikel

7. Dezember 1938
Zwei jungen jüdischen Frauen von 21 und 22 Jahren, die aus Wien vertrieben wurden und nach Aachen gekommen waren, gelang es, sich zu Fuß durch die Grenzwachen durchzuschleichen und bis Verviers zu kommen. Sie wollten ihren Männern nachreisen, die sich seit einiger Zeit in Brüssel befinden. Eine der Frauen hat ihr kleines Kind bei sich. In Verviers wandten sie sich zunächst an das Mädchenheim, wo man ihnen den Rat erteilte, sich bei der Polizei zu melden. Dort wurden die Flüchtlinge einem Verhör unterzogen, da sie keine Pässe bei sich hatten und dann über Nacht beherbergt und beköstigt. Die Frauen hatten etwas Geld bei sich, außerdem war für sie bei einem in Verviers ansässigen Bekannten ein Scheck eingetroffen. Da sie über genügend eigene Mittel verfügten, wurden sie an den Bahnhof geleitet, wo sie den Zug nach Brüssel bestiegen, um dort von ihren Männern in Empfang genommen zu werden.

28. Dezembr 1938
Kelmis. Die hiesige Gendarmerie traf abermals vier Wiener Juden an, die von Aachen kommend heimlich versuchten, sich über die belgische Grenze zu schleichen. Den Flüchtlingen war alles, Wertgegenstände und letztes Geld durch die Deutschen abgenommen worden. Sie wurden an die deutsche Grenze zurückgeführt, von wo aus sie zweifellos von der deutschen Polizei wieder nach Belgien zurückverwiesen werden. Bei einem vor ein paar Tagen in Gemmenich angetroffenen Juden fand man einen Brief eines belgischen Feundes, in dem dieser Ratschläge erteilte, wie und auf welchen Wegen man am besten über die Grenze kommt. Vor allem rät er, das Tauwetter und den Regen abzuwarten.

    

 

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