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02 - Bahnhofsplatz, Verwaltungsgebäude

Das Erbgesundheitsamt

Im Haus Grenzwacht, dem Hochhaus am Bahnhofsplatz, waren seit seiner Eröffnung zahlreiche städtische Ämter untergekommen. Während der nationalsozialistischen Herrschaft befand sich hier das städtische Gesundheitsamt (darunter fiel auch das 'Erbgesundheitsamt'). Als Aufsichtsbehörde über alle Ärzte und Krankenhäuser in Aachen setzte das Gesundheitsamt die Bestimmungen der nazistischen Gesundheitspolitik um. Bereits kurz nach der Regierungsübergabe an die Nationalsozialisten ebnete das NS-Regime die künftige Gesundheitspolitik. 

Dazu gehörte zum Beispiel das im Juli 1933 erlassene „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“, in dessen Folge vermeintlich 'erbbelastete' Menschen zwangsweise sterilisiert werden konnten. Die rassistischen und sozialdarwinistischen Änderungen legten die rechtlichen Grundlagen dafür, dass Menschen, die nicht in das Weltbild der NS-Rassenhygiene passten, durch pseudobiologische Bestimmungen verfolgt, sterilisiert bzw. unfruchtbar gemacht werden konnten und letztlich in die Tötungsanstalten deportiert wurden.

Das Erbgesundheitsamt arbeitete mit an der Umsetzung dieser menschen-verachtenden Gesetze. 90% der Anträge auf Zwangssterilisation wurden von den Ärzten der Gesundheitsämter gestellt. Seit 1934 stuften Ärzte mehrere hundert Frauen, Männer und Kinder in Aachen als „minderwertig“ ein und ordneten ihre Zwangssterilisation an. Diese Eingriffe wurden operativ oder mit Röntgenbestrahlung in einem der Aachener Krankenhäuser vorgenommen. Allein das katholische Marienhospital führte keine Zwangssterilisationen durch, da sich die katholische Kirche aus ethischen Gründen dagegen ausgesprochen hatte.

Spätestens ab 1940 begann dann die systematische Ermordung behinderter und kranker Menschen. Im Rahmen der sogenannten Aktion T4 wurden Behinderte und Kranke auch aus Aachen in besondere Anstalten wie Hadamar, Grafeneck, Sonnenstein oder Bernburg deportiert und dort, oft nach grausamen medizinischen Experimenten, ermordet.

Ergänzende Literatur:
Seipolt, Harry: Mord an Behinderten, in: Volkshochschule Aachen (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus in Aachen, Aachen 2012.

Seipolt, Harry: ... kann der Gnadentod gewährt werden. Zwangssterilisation und NS-"Euthanasie" in der Region Aachen, Aachen 1995.

Lenzen, Dieter: Zwangssterilisation und Euthanasieverbrechen im Kreis Monschau, Düren 2021.

    

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