Levy, Albert
Albert, Bernhard und Emil Levy
In dem Haus in der Friedenstraße 8 sind alle Kinder von Isaak Levy und Sibilla Levy geboren Herz groß geworden. Hermann und Heinrich Levy, für die in der Lothringerstraße und in der Heinrichsallee Stolpersteine verlegt wurden, Frieda Heinemann geboren Levy, die von Grevenbroich aus mit ihrem Ehemann und den beiden Kindern in den Tod deportiert wurde, und auch ihre unverheirateten Brüder Albert, Bernhard und Emil Levy, die in der Friedenstraße ihren letzten frei gewählten Wohnsitz hatten.
Albert Levy wurde am 24. Dezember 1883 in Haaren geboren. Er wurde Bankbeamter und blieb im elterlichen Haus wohnen. Albert Levy war mindestens ab 1906 aktives Mitglied des Haarener Turnvereins 1862. Im Ersten Weltkrieg war er Frontsoldat. Albert Levy emigrierte 1938 zunächst in die Niederlande, lebte später für kurze Zeit in Belgien und wurde 1940 wie sein Bruder Hermann in Belgien verhaftet und nach Frankreich deportiert. Nach Aufenthalt in mehreren Lagern in Frankreich wurde Albert Levy am 4. September 1942 mit dem Convoi N° 28 von Drancy nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Alberts Bruder Bernhard Levy wurde am 9. November 1886 in Haaren geboren. Bernhard Levy, von Familie und Freunden Benno genannt, war Kaufmann und mindestens seit 1905 aktives Mitglied des Haarener Turnvereins. Im Ersten Weltkrieg war Benno Levy Frontsoldat. Er geriet 1915 in Kriegsgefangenschaft und kam schwerkriegsbeschädigt erst 1920 nach Hause. Als Folge der schweren Verwundungen konnte er nur sehr mühsam gehen und war arbeitsunfähig. Bernhard Levy wurde im Frühjahr 1941 in das Barackenlager an der Hergelsmühle in Haaren zwangseingewiesen. Am 18. August 1941 wurde Benno Levy unweit seines Elternhauses am Bahnübergang Friedenstraße in Haaren erschlagen. Beerdigt wurde er auf dem jüdischen Friedhof in Aachen.
Im Gemeindebrief DIE MENORAH der Aachener Jüdischen Gemeinde vom 1. April 1988 wird Benno Levys Ermordung in einem Artikel des 1927 in Aachen-Haaren geborenen und dort aufgewachsenen Professors Hans Kals erwähnt. Dort heißt es:
"Warum, so habe ich mich beispielsweise immer gefragt, behaupteten nach 1945 – und bis zur Stunde – alle unsere Nachbarn, sie hätten nichts gewusst? Alle in unserem Dorf haben es gewußt. Möglicherweise nicht in den makabren Einzelheiten. Aber daß die Juden ermordet wurden – das wußten alle. Das wurde von Mund zu Mund geflüstert, da wurden grausige Details erzählt, da war man ja auch Zeuge gewesen, was ihnen schon in unserem Dorf angetan wurde. Einer der Levy wurde erschlagen, und der einzige Gendarm unseres Dorfes hinderte die Anwohner der Dorfstraße daran, dem Sterbenden im Graben vor ihrem Haus beizustehen."
Emil Levy wurde am 22. Dezember 1895 ebenfalls im elterlichen Haus in Haaren in der Friedenstraße 8 geboren. Auch Emil Levy kämpfte von 1917 bis 1918 als deutscher Soldat im Ersten Weltkrieg. Emil Levy war Kaufmann und betrieb in den 1930er Jahren gemeinsam mit seinem Bruder Heinrich eine Handelsniederlassung für Textilhandel in der Heinrichsallee. 1936 war Emil Levy wegen sogenannter „Rassenschändung“ – nach Berichten seines Neffen Rolf Levy wurde er wegen seiner Liebesbeziehung zu einer nicht-jüdischen Frau verurteilt - zunächst im Gefängnis am Adalbertsteinweg in Aachen und dann im Klingelpütz in Köln inhaftiert. Von dort wurde er ins KZ Oranienburg verschleppt. Nach seiner Freilassung gelang Emil Levy 1938 die Flucht nach Mexiko. 1944 eröffnete er dort in Saltillo ein Lederwarengeschäft. Am 9. März 1951 verstarb Emil Levy in Mexico City „verzehrt an Körper und Geist von bitterem Leid und Heimweh“, wie ein Freund in der Todesnachricht schrieb.
HIER WOHNTE |
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Der Text wurde von Waltraud Felsch geschrieben und den Wegen gegen das Vergessen zur Verfügung gestellt.
Alle Rechte an dem Text liegen bei Waltraud Felsch.