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Meyer, Kurt

Seit dem 9. Juni 2022 erinnert in der von-Goerschen-Straße 13 ein Stolperstein an Kurt Meyer. Er wurde initiiert von Franz Joseph Braun.

HIER WOHNTE
KURT MEYER
JG. 18
99
SCHUTZHAFT 1938
BUCHENWALD
FLUCHT IN DEN TOD
21. OKT. 1939
BERLIN

            
   (Foto: Dr. Holger A. Dux, 2022)

Kurt Walter Meyer wurde am 2. Dezember 1899 als Sohn des Tuchfabrikanten Paul Wilhelm Meyer und seiner Frau Juliane Meyer, geborene Aronsohn, geboren. Die Geburt wurde unter der Nummer 631/1899 beim Standesamt Aachen-Burtscheid beurkundet. Seine Mutter verstarb neun Tage nach seiner Geburt. Sein Großvater war Feodor Meyer, Gründer der Tuchfabrik Feodor & Moritz Meyer aus Aachen. Feodor Meyer und seine Frau Jeanette, geborene Hoeber, hatten neben dem Vater von Kurt Meyer und ältestem Sohn Paul Wilhelm noch weitere fünf Kinder, Clara, verheiratet Callmann, Wilhelm (Willy), Otto Joel, Emmy, verheiratete Lippmann, für die ebenfalls heute ein Stolperstein in der Zollernstraße 17 verlegt wurde.
Seit circa 1905 wohnte Kurt Meyer zusammen mit seinem Vater Paul Wilhelm in einem stattlichen Haus in der Schlossstraße 11. Leider konnte mir die jüdische Gemeinde Aachen keine Angaben darüber machen, ob Kurt Meyer in Aachen jüdische Schulen besucht hat, oder ob er bei Verwandten in Berlin aufgewachsen ist, und dort zur Schule gegangen ist.
Da sein Vater nach dem Tode von Feodor Meyer nach 1901 sehr stark mit seinem Bruder Willy in den erfolgreichen und weiteren Ausbau sowie in die Führung der Tuchfabrik eingebunden war, liegt die Vermutung nahe, dass er in Berlin aufwuchs und lebte. Diese Vermutung wird unterstützt durch die Tatsache, dass Kurt Meyer im Jahre 1932 Johanna Lieselotte Hellmann in Berlin-Schöneberg heiratete. Johanna Hellmann stammte aus einer angesehenen Familie in Breslau und Berlin und war evangelischen Glaubens. Die jüdischen Familien Meyer hatten sich bereits lange vor 1933 liberalisiert und assimiliert. Das beweist auch die Tatsache, dass sowohl Paul Wilhelm Meyer als auch einige seiner Geschwister mit katholischen oder evangelischen Partnern verheiratet waren. Außerdem nahm die Familie Meyer sehr rege am kulturellen und gesellschaftlichen Leben in Aachen teil.
Zeuge der Trauung waren der Vater der Braut und sein Vater, Paul Wilhelm Meyer, der seit dem 27. März 1929 in zweiter Ehe mit der Schwester meines Großvaters Margareta Hedwig Hermanns verheiratet war.
Nach dem Tod seines Vaters 1933 erbte Kurt Walther Meyer zusammen mit meiner Großtante und den Vettern bzw. Cousinen die Tuchfabrik F&M Meyer. Er wohnte hier in der Von-Görschen-Straße 13 und wurde hier von den Schergen des Hitler-Regimes in der Pogromnacht am 10.11.1938 verhaftet und zusammen mit seinem Vetter Claus in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert. Nach Aussage eines ehemaligen Miteigentümers der Tuchfabrik F&M Meyer am 15. Februar 1947 vor dem „Control Office for Germany and Austria in London“, wurden die verschleppten Aachener Juden im Konzentrationslager Buchenwald mehrere Wochen festgehalten und nur unter Vorlage von Auswanderungspapieren oder des Nachweises der Beteiligung an „Arisierungs-verhandlungen“ freigelassen.
Kurt Meyer kehrte Anfang 1939 nach mehreren Wochen der Torture von Folterungen hier in seine Wohnung in der Von-Görschen-Straße 13 zurück, meldete sich aber am 15.8.1939 nach Berlin-Charlottenburg ab. Dort lebte er zwar in der Nähe meiner Großtante, die aber offensichtlich nicht viel für ihn tun konnte oder wollte.
Kurt Walther Meyer wurde am 21.10.1939 Tod in seiner Wohnung in Berlin aufgefunden. Als Todesursache wurde „Selbstmord durch Leuchtgas“ angeführt. Nach den Erfahrungen, die Kurt Meyer in Buchenwald gemacht hatte, und dem daraus resultierenden Verlust seiner Tuchfabrik sowie den Verlust seines Vermögens sah Kurt Meyer offensichtlich keinen anderen Ausweg als die Selbsttötung und wurde in den Suizid getrieben.
Der Stolperstein soll an das Schicksal des Stiefsohns meiner Großtante erinnern und als Mahnmal dafür dienen, die schrecklichen und unmenschlichen Schandtaten des Naziregimes niemals zu vergessen.

(Aachen, den 9. Juni 2022, Franz Joseph Braun)

 

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