Heumann, Oscar
Seit dem 9. Juni 2022 erinnert in der Lochnerstr. 43 ein Stolperstein an Maria May.
HIER WOHNTE
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(Foto: Dr. Holger A. Dux, 2022)
Oskar Heumann wurde geboren am 17.01.1913 in Aachen als dritter und jüngster Sohn des Kommissionärs oder Textilvertreters Salomon Heumann, geb. 26.07.1868 in Fürth, und Thessy oder Thekla Heumann, geb. Rosenthal 28.10.1876 in Hochberg. Oskars Vater hatte sich Ende des 19. Jahrhunderts in Aachen niedergelassen, wohnte nach den Steuerlisten zunächst (1895/96) in der Promenadenstraße, später (1905/6) in der Kaiserallee 68 (heute Oppenhoffallee), wo er mit seiner Frau Thessy, Oskar und dessen Frau Anna, geb. Watolla 16.08.1904 in Aachen, auch 1935 gemeldet war.
Der am 17.05.1902 in Aachen geborene älteste Bruder Kurt hatte in Köln Musik, Germanistik und Philosophie studiert, daneben am Konservatorium Klavier und Dirigieren und arbeitete 1932 kurz als Dirigent am Stadttheater Meißen, bevor er 1933 nach Luxemburg emigrierte, wo er bis 28.2.1934 als 2. Kapellmeister am Stadttheater wirkte und am 2.12.1933 seine noch in Köln kennengelernte Frau Maria heiratete, mit der er zwei Kinder hatte. Kurt wurde nach Einmarsch der Deutschen vom 11.9. bis 11.10.1941 in das Arbeitslager Greimerath zum Bau der Eifelautobahn eingewiesen und nach einer Vorladung der Gestapo Luxemburg am 01.08.1942 in das Konzentrationslager Mauthausen, wo er am 07.08.1942 „auf der Flucht erschossen“ wurde. Seine Familie blieb in Luxemburg, seine Geschichte wurde von Wolfgang Schmitt-Kölzer recherchiert und dokumentiert.
Oskars am 18.5.1906 geborener mittlerer Bruder Paul war bereits 1927 mit Unterstützung seines seit Ende des 19. Jahrhunderts dort lebenden Onkels Gustav Rosenthal nach New York emigriert, wo er 1934 nach Ablauf der siebenjährigen Wartezeit US-Staatsbürger wurde, 1937 heiratete und im Juli 1939 den nach dem Tod der Mutter am 15.09.1936 zunächst am 07.01.1937 ins israelitische Altersheim in Aachen Kalverbenden gezogenen Vater nachholte, der noch bis zu seinem Tod am 13.05.1948 in Manhattan lebte. Paul wurde 95 Jahre alt und starb am 05.06.2001 in Florida.
Oskar und seine Frau Anna wohnten seit 1937 in der Lochnerstraße 43, Oskar ist dort im Adressbuch von 1937 als „Pianist“ eingetragen, in der Kaiserallee 1935 als „Schauspieler“. In den Unterlagen des Stadttheaters Aachen aus den Jahren 1930 bis 1945 ist über ihn nach Aussage von Klaus Schulte, Chronist des Stadttheaters, jedoch nichts zu finden. Allerdings war Juden auch die Mitgliedschaft in der am 22.09.1933 durch das Reichskulturkammergesetz gegründeten sogenannten Reichskulturkammer mit ihren sieben Unterabteilungen, u.a. der Reichsmusikkammer und der Reichstheaterkammer, verwehrt, was praktisch einem Berufsverbot gleichkam: Waren unter den etwa 170.000 Mitgliedern der Reichsmusikkammer anfangs noch 1.024 als „nicht-arisch“ klassifizierte Mitglieder, wurden ab 1935 im Zuge der von Goebbels apostrophierten „Entjudung des deutschen Kulturlebens“ die „nicht-arischen“ Musiker entlassen.
Ins Lebensmittelgeschäft von Johanna Goertz, der Mutter von Marianne Busch, in der Jakobstr. 87 kam nach deren Erinnerung vermutlich in den Jahren von 1939 bis 1941, als Haus und Geschäft ausgebombt wurden, öfter nach Geschäftsschluss eine elegant gekleidete junge Frau, um Lebensmittel für ihren Mann zu holen, den Johanna Goertz ihrer Tochter als „Heumann vom Theater“ kannte, und der als Jude keine Lebensmittelmarken erhielt.
Vom 14.04.1942 bis 24.04.1942 war Oskar im Arbeitslager an der Rhenaniastraße in Stolberg interniert. Am 22.11.1942 wird auch er in das Lager Mauthausen eingewiesen, wo er laut Todesmeldung im Block 5 untergebracht war und am 05.12.1942 um 7:15 Uhr starb. Seine Urne ist im Grab Nr. 0056 auf dem jüdischen Friedhof an der Lütticher Straße in Aachen beigesetzt. Der Grabstein trägt die Inschrift: „meinem lieben Gatten Oscar Heumann geb. 17.01.1913 gest. 05.12.1942 geliebt u. unvergessen“. Seine Witwe Anna war nach dem Adressbuch von 1949 in der Benediktinerstr. 32 gemeldet.
(Die Stolpersteine wurden initiiert von Bodo Busch, Waltraud Felsch und Schüler*innen der 9d des Einhard-Gymnasiums, Aachen)