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Oppenhoffalle 122

Seit dem 9. Juni 2022 erinnert in der Oppenhoffallee 122 ein Stolperstein an Herbert Kaufmann.

HIER WOHNTE
HERBERT KAUFMANN
JG. 1
914
FLUCHT BELGIEN
BUCHENWALD
INTERNIERT MECHELEN
DEPORTIERT 1942
AUSCHWITZ
ERMORDET 21.8.1942

            
   (Foto: Dr. Holger A. Dux, 2022)

Über das Schicksal von Herbert Kaufmann wissen wir einiges aus den Berichten seiner 1925 geborenen Halbschwester Ingeborg Kaufmann, die von ihrer katholischen Mutter Käthe Kaufmann katholisch erzogen wurde und mit ihren Eltern die Nazizeit überleben konnte.

Herbert Kaufmann wurde am 22. März 1914 in Aachen als Sohn des jüdischen Handelsvertreters Hermann Kaufmann und dessen ebenfalls jüdischer erster Frau Karoline (Karla, geb. Meyer) geboren. Im Alter von fünf Jahren litt Herbert an einer schweren beidseitigen Mittelohrentzündung, die eine Operation in Düsseldorf notwendig machte. Nach vielen Behördengängen erhielt sein Vater von den Besatzungsbehörden - nach dem Ende des 1. Weltkriegs lag Aachen in der belgischen, Düsseldorf in der französischen Besatzungszone - die Erlaubnis, seinen Sohn nach Düsseldorf ins Krankenhaus zu bringen. Herberts Genesung dauerte lange. Er wurde bis auf regelmäßige Kopfschmerzen aber wieder ganz gesund. Irgendwann in den frühen 20er Jahren trennten sich Herberts Eltern. Herbert blieb bei seinem Vater. Es ist davon auszugehen, dass sich seine seit Dezember 1918 verwitwete Großmutter Rosalie Kaufmann während seiner Kindheit viel um ihn gekümmert hat.
Am 19.02.1925 wurde Ingeborg Kaufmann, die Halbschwester von Herbert Kaufmann, geboren. Der Vater heiratete in zweiter Ehe die katholische Käthe Freitag aus Nürnberg. Wegen diverser Probleme schickte das Ehepaar Kaufmann nach der Geburt der Tochter den 10-jährigen Herbert für ein Jahr zu seinen Stiefgroßeltern nach Nürnberg, die ihn wie einen eigenen Enkel aufnahmen und umsorgten. Dort ging er zur Schule und nahm auf eigenen Wunsch am katholischen Religionsunterricht teil, ging mit in die Schulmessen und war dort sogar Messdiener. Außerdem erhielt er in Nürnberg Geigenunterricht, weil sein Stiefgroßvater sehr musikalisch war. Nach seiner Rückkehr nach Aachen wohnte die Familie in der Kaiserallee 122 und Herbert besuchte in Aachen die Realschule.
Über sein kleines Schwesterchen, das er bei seiner Rückkehr kennenlernte, soll er sich sehr gefreut haben. So berichtete auch Inge: „Wenn mich je ein Mensch im Leben geliebt und verwöhnt hat, so ist es er gewesen, obwohl ich oft auch garstig zu ihm war, biß und kratzte…“. Darüber hinaus erfahren wir von ihr, dass der große Bruder ihr oft Lakritz oder Veilchenpastillen aus der Drogerie mitgebracht habe. Außerdem erwähnte sie, dass der Rabbiner der jüdischen Gemeinde, Davin Schoenberger, der in ihrer Nachbarschaft wohnte, ihrem Bruder des Öfteren, wenn in der Gemeinde ein Fest gefeiert wurde, eine Kleinigkeit „für Dein kleines Schwesterchen“ mitgab. Nach seinem Schulabschluss machte Herbert eine Lehre in einer Drogerie. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten erschwerte sich das Leben der Juden in Deutschland erheblich.
Mitte der 1930er Jahre, nach Erlass der Nürnberger Rassegesetze, emigrierte Herbert Kaufmann nach Belgien und fand Arbeit in einem Kloster, in einer Heil- und Pflegeanstalt, wo er als Krankenpfleger arbeitete. Sein letzter fester Wohnort war in Lüttich, wo er den Kontakt zu seiner Familie durch regelmäßige Briefe aufrechterhielt. Diese Briefe endeten plötzlich im Jahr 1942. In diesem Jahr wurde er verhaftet und in Malines/Mechelen interniert. Am 4. August 1942 wurde er nach Auschwitz deportiert, wo er am 21. August 1942 im Alter von 28 Jahren ermordet wurde. Da die vollständigen Dokumente nach Auflösung des Lagers vernichtet wurden, ist es nicht möglich, die Lagernummer von Herbert und weitere Einzelheiten zu rekonstruieren. Sein Transport bestand aus 426 Männern und 318 Frauen, von denen nur drei Personen überlebten.
Seine Familie erfuhr erst im Sommer 1945 durch einen dieser Auschwitzrückkehrer von der Ermordung Herberts. Von der ganzen Großfamilie Kaufmann überlebten nur der Onkel Fritz mit seiner Familie, Herberts Cousin Fredi und Herberts Familie (Hermann, Käthe und Inge). Der jüdische Vater Hermann Kaufmann überlebte, weil er in einer sogenannten „privilegierten Mischehe“ lebte und seine Tochter Inge katholisch taufen ließ.

(Der Stolperstein wurde initiiert von Waltraud Felsch und Schüler*innen der 9e des Einhard-Gymnasiums, Aachen)