Peterstraße 1
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Familie Josef Herz
Josef Herz wurde als sechstes von acht Kindern des Ehepaars Abraham Herz und Lisette (geb. Heinemann) am 28.8.1871 in Aachen geboren. Er hat seine Ausbildung zum Schneider durchlaufen und führte nach deren Abschluss über viele Jahre eine Herrenschneiderei in Aachen. Zeitungsinserate und Adressbücher belegen von 1902-1926 die Geschäftstätigkeit unter den Adressen Büchel 44 und 51/2. Diesen folgte ein Umzug in das Haus am Holzgraben 14-18 / Petersstraße 1. Dort wohnte er für lange Zeit mit seiner Frau und den gemeinsamen Kindern. Josef Herz heiratete die am 31.09.1876 in Ermetzhofen (Bayern) geborene Jüdin Julie (geb. Mann). Das Ehepaar hatte zwei Söhne und eine Tochter: Paul (* 17.06.1902), Hans (*13.11.1905) und Betty (*8.12.1911), alle in Aachen geboren.
Die Eltern Josef und Julie Herz und ihr jüngstes Kind Betty wurden am 25.03.1941 in Aachen im Ghetto Eupener Straße 249 interniert. In der Liste der Insassen des Ghettos Eupener Straße 249 (H. Lepper, Von der Emanzipation zum Holocaust) wurden sie mit früherer Wohnung Harskampstraße 28 geführt. Eine Liste der arisierten bzw. abgemeldeten Betriebe (H. Lepper) belegt zudem die Abmeldung der Schneiderei Josef Herz, Harscampstraße 28 mit dem Datum des 30. Dezember 1938. Ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden im Vorfeld der Schließung durch Boykottaufrufe, insbesondere im Kontext der Pogromnacht am 9.11.1938, ist hier anzunehmen und hatte wohl auch den Umzug in die Harscampstraße erzwungen. Während Betty im Verzeichnis der in Aachen lebenden Juden vom August 1935 (H. Lepper, Von der Emanzipation zum Holocaust) noch als Lehrmädchen geführt wurde, ist sie in der Internierungsliste mit dem Beruf Modistin aufgeführt. Alle drei wurden mit dem Deportationszug, der am 22.03.1942 ab Koblenz in den Osten fuhr, nach Izbiza deportiert und dort ermordet.
Das Verzeichnis der in Aachen lebenden Juden vom August 1935 führt Paul Herz, den ältesten Sohn der Familie, als Verkäufer auf. Der Dokumentation über die Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945 im Bundesarchiv ist zu entnehmen, dass Paul Herz in die Niederlande emigrierte und dort im August 1942 verhaftet und im Lager Westerbork interniert wurde. Da er nicht gemeinsam mit seinen Eltern und seiner Schwester interniert wurde, ist davon auszugehen, dass er vor März 1941 Aachen verlassen hatte. Von Westerbork aus wurde er am 28.8.1942 nach Auschwitz deportiert, von dort weiter ins Konzentrationslager Groß-Rosen und gelangte schließlich am 10.2.1945 ins Konzentrationslager Buchenwald wo er am 24.02.1945 ums Leben kam.
Der zweitälteste Sohn Hans Herz ist im Verzeichnis der in Aachen lebenden Juden vom August 1935 als Lagerist aufgeführt. Auf Grundlage der Aussagen seines Großneffen Helmut Clahsen ist überliefert, dass er in einem Fahrradgeschäft in der Petersstraße 1 / Ecke Holzgraben 14/16 beschäftigt war, nach Angaben im Aachener Adressbuch aus der Zeit muss es sich um das Fahrradgeschäft Meeß & Meeß, GmbH Nachf. handeln. Nach Angaben von Helmut Clahsen emigrierte Hans im Jahr 1937 nach Belgien und lebte dort zeitweise in Antwerpen und Brüssel. 1943 wurde er verhaftet und zunächst in Fort Breendonk bei Antwerpen inhaftiert, später in der Dossin-Kaserne in Mechelen (Malines). Am 19.4.1943 wurde er nach Auschwitz deportiert. Er überlebte das Todeslager und wurde am 27.01.1945 von der Roten Armee befreit. Nach längerem Aufenthalt in einem russischen Militärlazarett in Polen und einem Krankenhaus in Prag kehrte er nach Aachen zurück. Im Branchenverzeichnis des Adressbuches von 1949 ist er mit einer Fahrradhandlung in der Maria-Theresia-Allee 253 aufgeführt. Diese führte er jedoch wohl nur für kurze Zeit, da er in späteren Adressbüchern nicht mehr im Branchenverzeichnis, sondern nur im Personenregister mit dem Zusatz Geschäftsführer zu finden ist. Am 26.9.1981 starb Hans Herz im Alter von 75 Jahren in Aachen.
(Die Stolpersteine wurden initiiert von Waltraud Felsch und Schüler*innen der 9a des Einhard-Gymnasiums, Aachen)